Am 15.Februar berichtete die Fuldaer Zeitung über die Kritik an sogenannten "Gehölzarbeiten".
Gehölzarbeit ist ein ganz zauberhafter Euphemismus. Klingt so nett und vermittelt die Assoziation, alles Holz-ähnliche würde mit der Aura der für-
sorglichen Hege und Pflege umhüllt. Oder lässt die Verwendung dieses Begriffes erahnen, dass Bäume nicht mehr als Bäume wahrgenommen werden?
Ein Baum wird dann zu Bauholz oder Rohstoff für Holzpellets, ähnlich wie Tiere zu Vieh werden, dessen Schlachtreife in möglichst kurzem Zeitraum erreicht werden soll, Fische zu Fischbeständen, Küsten zu Stränden, Bodenschätze werden geplündert, Flächen werden versiegelt usw.
Als wäre die Erde ein einziges großes Rohstofflager für die Menschen.
„Die Zweige des Gehölzes haben 1 Meter in den Weg hineingeragt“ , sagt Petersbergs Bürgermeister Karl-Josef Schwiddessen. Im Übrigen verteidigt er an anderer Stelle die Rodungsarbeiten damit, dass an dieser Stelle ein Wiesenweg angelegt werden soll, um die Riesandhöhle vor der Bebauung zu schützen.
Abholzung als Schutz also?
Die Fällung von 68 Bäumen (plus Hecken und Sträuchern) stellt nach Ansicht Schwiddessens keinesfalls einen Eingriff in das Biotop dar, denn diese seien „lediglich auf Stock gesetzt worden“, also so gekürzt worden, dass sie nächstes Jahr wieder austreiben können“. Die Kritiker sprechen eine andere Sprache, sie reden von „rücksichtsloser Vernichtung“, von erheblicher Beschädigung“ und von der Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts im Biotops Riesandshohle in Marbach.
Ich persönlich finde es irreführend, großflächige Abholzungen als Pflegemaßnahme zu deklarieren, auch wenn sich diese auf gesetzliche Grundlagen berufen.
Natürlich ist es gesetzlich geregelt, dass Rückschnittmaßnahmen außerhalb der Brutzeit stattfinden müssen. Nicht gesetzlich geregelt hingegen ist die Frage, wo Vögel innerhalb der Brutzeit brüten und leben sollen, wenn ihnen kurz vorher der Lebensraum genommen wurde. Ehrlicher wäre die Verwendung des Begriffes „Kahlhieb“, denn „Kahlhieb“ drückt besser aus, was die oben genannten „Gehölzarbeiten“ auch sind, nämlich ein Angriff auf die dort lebenden Tiere und Pflanzen:
„Ein gesichertes Prinzip der Naturschutzbiologie für alle Habitate lautet, dass als Folge von Gebietsverlust ein Teil der dort heimischen Arten mit der Zeit verschwindet, und zwar entsprechend etwa der vierten Wurzel des Flächenverhältnisses. Werden beispielsweise 90 Prozent eines Waldes abgeholzt, dann verschwindet bald die Hälfte der Arten, die sonst weiter gelebt hätten. Zunächst überleben vielleicht die meisten Arten noch eine Weile, aber etwa bei jeder zweiten ist irgendwann die Population zu klein, um länger als ein paar Generationen zu leben.“ E.O. Wilson in „Die Hälfte der Erde“.
Auch ohne das Zitat des berühmtesten Biologen der Welt ist es keine großartige Denkleistung, zu erkennen: Wird der Lebensraum vernichtet, wird es für die Bewohner problematisch. Für all diejenigen, die meinen, was geht mich das an, habe ich noch ein Zitat von E.O. Wilson: „Die Biodiversität als Ganzes bildet einen Schutzschild für jede einzelne der Arten, aus denen sie sich zusammensetzt, einschließlich uns Menschen…..Wenn immer mehr Arten verschwinden oder vom Aussterben bedroht sind, beschleunigt das die Aussterberate der Überlebenden.“
Also der Menschen. Natürlich ist die Menschheit nicht vom Aussterben bedroht und vor den Folgen des Klimawandels können wir noch eine ziemlich lange Zeit die Augen verschließen oder abstreiten. Und was sind schon ein paar Bäume.
Wer dies etwas kritischer betrachtet wird oft diffamiert, im Fall der Marbacher "Gehölzarbeiten" von linker ideologischer Hetze gesprochen und der ganze Sachverhalt verharmlost dargestellt.
Am schönsten fand ich die Wortwahl zur Beschreibung des Vorgangs der Abholzung ohne Genehmigung oder Absprache mit den zuständigen Behörden auf der Kinderseite der Fuldaer Zeitung: „68 Bäume sorgen in Marbach für Ärger“. Den Kindern wird dort weiter erklärt: „Denn einfach so darf niemand einen Baum fällen. Dafür muss zum Beispiel ein Forstamt seine Zustimmung geben. So kann sichergestellt werden, dass nicht jeder einfach in die Natur eingreifen kann. Der Marbacher Bürgermeister sagt, das Baumfällen sei in Ordnung gewesen. Trotzdem soll das jetzt geprüft werden.“ Nach dieser Prüfung ist nun öffentlich bekannt, dass die Untere Naturschutzbehörde gern informiert worden wäre. Nach dieser Auskunft müssen doch wissbegierige Kinder erst mal richtig neugierig werden und sich fragen, was genau die Arbeit einer solchen Behörde ist.
Normalerweisegehört es z.B. zu den Aufgaben der Unteren Naturschutz-behörde, wertvolle Naturflächen unter Schutz zustellen, zu Fragen der Biotop-pflege beratend tätig zu sein, sich beiPlanungsverfahren für Arten-und Biotop-schutz einzusetzen, das Flächenkatasterzu aktualisieren und sich um Ausgleichs-flächen zu kümmern . Genehmigungen undBefreiungen nach der Baumschutz-verordnung müssen nur in den Städten erteilt undgeregelt werden, in denen es eine Baumschutzverordnung gibt. Jedenfalls eine,die ihrem Namen gerecht wird. Damit meine ich eine Verordnung, welche Eigentümerzu Ausgleichs-maßnahmen verpflichtet, wenn sie auf ihrem Grundstück Bäume fällen. Fulda und Petersberg gehören nicht zu diesen Städten. Auch wenn sich Fulda "Barockstadt im Grünen nennt". Deswegen habe ich dem Oberbürgermeister auch eine Stadtwette angeboten- siehe: Menschen und Bäume gehören einfach zusammen. Gerade habe ich noch eine tolle Umschreibung für eine komplette Abholzung gefunden: "Pflanzflächen werden freigeräumt"- bei Rodungsarbeiten am Platz der Weißen Rose)...Fortsetzung folgt.
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