Heute Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen auf meinen
zartrosa-leuchtenden Rhabarber fielen, beschloss ich, mein Lamentieren über gesteinigte Vorgärten einzustellen. Ich werde berichten, wie schön, bereichernd und beglückend es sein kann, einen naturnahen Garten zu haben und die schönen und beachtens-werten Besonderheiten dokumentieren und veröffentlichen.
In der Artikelserie „Eßbare Stadt“ habe ich bereits über meine nicht sehr erfolgreichen Versuche der Selbstversorgung aus dem eigenen Garten berichtet. Mein Fazit war, mich besser auf wildwachsende Pflanzen zu konzentrieren, denn die wachsen ohne mein Zutun oder mit geringem Regulierungsaufwand sowieso. Mein besonderes Interesse gilt in diesem Jahr dem Japanischen Knöterich. Als Baumaterial ist er mir schon bekannt, nun gilt es, seine Bedeutung hinsichtlich der Bildung für nachhaltige Entwicklung weiter zu erforschen.
Ich habe den ersten Itadori geerntet-Spargel aus den
Sprossen des Japanischen Knöterich und Sushi daraus zubereitet.....
Beim Kochen gilt es, höchste Vorsicht walten zu lassen. Der Geschmack ist eher gewöhnungsbedürftig. Ich experimentiere: Am besten schmecken die Stengel als Grillgemüse, gebraten in Olivenöl, gemeinsam mit Paprika, Auberginen, Kohlrabi, Zucchini oder auch Tomatenscheiben. Zwiebeln und Knoblauch dürfen natürlich nicht fehlen. Außerdem habe ich Salbeiblätter mit gebraten und frischen Rosmarin (kleingehackt) über das fertige Gemüse gestreut.
Die frischen Triebe schmecken ganz gut, irgendwie kräftig, etwas nussig. Ein Quarkdipp oder eine Grüne Soße mit wilden Gartenkräutern (Giersch, Knoblauchrauke, Gundelrebe) passt ganz vorzüglich dazu.
Das Calcium aus dem Quark bindet die Oxalsäure. Der Verzehr von zuviel Oxalsäure ist nicht zu empfehlen, denn diese entzieht dem Körper Mineralstoffe. Genaue Werte kenne ich allerdings nicht und bin für diesbezügliche Informationen dankbar. Übrigens enthalten Spinat und Mangold auch Oxalsäure-und diese beiden gehören zu meinen Lieblings-Gemüsesorten.
Der etwas strenge, saure Geschmack des Knöterich brachte mich auf die Idee, eine süss-scharfe Currysuppe zu kochen: Den Knöterich habe ich geschält. Es ist für mich noch immer nicht einfach zu sagen, wann der richtige Erntezeit-punkt ist. Der Stängel muss zart sein, aber nicht zu dünn. Wenn sie zu dick sind, ist es vorbei mit der Zartheit.
Hier benötige ich noch einige Versuche- einen Erfahrungs-austausch würde ich wirklich sehr schätzen! Also, den geschälten, in Streifen geschnittenen Knöterich habe ich mit kleingehackter Zwiebel, Knoblauch und Ingwer goldbraun geröstet, Kurkuma und Currypulver ins heiße Öl untergeschwenkt und mit etwas Gemüsebrühe aufgefüllt, Currypaste (grün) untergerührt, mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt, püriert und mit einem Schluck Sahne serviert. War okay. Scharf und Sauer passen sehr gut zusammen.
Der nächste Versuch: Knöterich im Backteig (Dinkelmehl), Resultat: sehr lecker ! Der säuerliche Geschmack des Knöterich relativiert sich durch das Backen. Nach wie vor habe ich immer noch faserige Stängel dabei und das ist nicht angenehm. Und nehme ich die ganz dünnen, finde ich sie im Backteig fast nicht wieder. Am besten haben mir die Blätter geschmeckt. Ja und Parmesan passt
wirklich ausgezeichnet dazu. Ich habe ihn auf die frisch gebackenen Stücke gestreut. Natürlich passt auch ein beliebiger Dipp dazu.
Der Plan, nur noch anzubauen, was sozusagen von allein und
mit einem absoluten Minimum an Pflege wächst, läuft bis jetzt gut. Kein Wildgemüse, aber wirklich anspruchslos, ist Mangold. Meine fünf verschiedenfarbigen Pflänzchen stehen unter einem Kupferdrahtgehege werden vom König bewacht.
Mit unter seinem Schutz stehen auch ein paar Rucola-Pflanzen.
Der essbare Bambus zeigt seine ersten Sprossen und im Nachbarbeet wächst zu meiner großen Freude grüner Spargel.
Der Knöterich zeigt seine Sprossen ja schon längst, und in allen möglichen Zwischenräumen wachsen Giersch und Knoblauchrauke- meine Lieblingskräuter in den Monaten April bis Mai.
Meine grüne Frühjahrskur ist einfach:
jeden Tag eine Handvoll davon, entweder in Quark oder eben einfach überall dazu, in unterschiedlichen Konstellationen:
In Kartoffelsuppe zusammen mit Liebstöckel und Majoran (natürlich auch frisch), auf den Salat mit Minze und Zitronenmelisse, noch zitroniger schmeckt Verbene, kräftig und würzig zusammen mit Schnittlauch, kurz und gut: es ist eigentlich zu jeder Mahlzeit eine etwas andere Geschmacksrichtung möglich.
Zwischen die Erdbeeren habe ich Pflücksalat gesetzt. Salat im Blumenkasten kann ich nur empfehlen, denn die Schnecken kommen nicht dran, er ist leicht und sauber zu ernten und reicht bis in den Sommer hinein, wenn ich immer nur die äußeren Blätter ernte.
Die Erdbeeren bekommen im vertikalen Garten an der Hauswand die meiste Sonne ab.
Und unten im Kasten sind, in Nachbarschaft des Knöterichs,
meine Tomatenpflanzen zu sehen.
In diesem Jahr habe ich 9 verschiedene russische Sorten, die mein Bruder für mich vorgezogen hat.
Holunder, wild und mächtig
Mächtig und wild sind die Holunderbäume in unserem Garten. Wild ist jedenfalls ihr Wachstum und ihre Stärke. Wirklich beeindruckend und
schön. Eine ganz besondere Pflanze (siehe auch Wolf Dieter Storl) In diesem Jahr sind unglaublich viele Blüten da. Neben dem Holunder steht der Goldregen. Wenn der Goldregen verblüht, fängt der Holunder an zu blühen. Das bedeutet:
mehrere Wochen lang voller Bienen-Summen und durch den Garten wehende Düfte.
Ich koche wieder einmal viel mehr Holunderblütengelee als
meine Familie essen kann.
Das Gelee zusammen mit frischer Zitrone und Olivenöl
vermischt ergibt ein leckeres Salatdressing mit einer frühlingsfrischen Note.
Ich kann es auch verdünnen und als Sirup für Limonade verwenden. Ich meine, es gibt viele Verwendungsmöglichkeiten, deshalb sind bis zur nächsten Saison die Vorräte auf jeden Fall aufgebraucht, denn Hollerblütengelee
ist auch immer ein gutes Geschenk oder eine „Währung“ bei
Tauschgeschäften mit anderen Gartenfreundinnen.
Zauberpflanze (Melde)
Unvermutet und immer wieder an anderen Stellen taucht sie Jahr für Jahr wieder auf: Die Melde. Die eine Sorte, wegen der roten Färbung am Blattansatz von meiner Enkeltochter „Zauberpflanze“ genannt, gedeiht in diesem Jahr besonders gut. Ein anderer Name ist „Baumspinat“ und verrät sogleich den empfohlenen Verwendungszweck. Ist wirklich sehr bequem zu pflücken und wegen der ausdauernden Verfügbarkeit an erntefrischem Blattspinat eine wahre Luxuspflanze.
Seit einiger Zeit habe ich auch den Guten Heinrich, auch eine Sorte Melde wieder in meinem Garten.
Eine dritte Sorte, die Rote Melde (Dreschflegelversand)ist leider in diesem Jahr sehr mickrig und gerade mal groß genug, um ein paar Samenkörnchen zu ernten. An allen drei Sorten schätze ich nicht nur die Blätter als sehr leckeres und den ganzen Sommer über verfügbares Blattgemüse, sondern auch die Samen. Diese sind eine tolle Zutat zu Gemüse-und Getreidebratlingen. Ich muss nur den rechten Erntezeitpunkt nicht verpassen. Die Samen lassen sich prima einfrieren. So kann ich auch im Winter immer einen sommerlichen Gruß in meinen Speiseplan einbauen, wenn mir danach ist.
Eine Handvoll Melde ist schnell gepflückt. Im August brauche ich mich dazu noch nicht mal zu bücken, denn jetzt ist es offensichtlich, warum die Pflanze auch "Baumspinat" genannt wird.
So habe ich immer frisches Gemüse, auch mal für mich alleine, wenn es schnell gehen muss. Die Tomaten sind auch aus eigener Ernte. Sie wachsen im gleichen Topf wie die Melde.
Eine kleine Zwiebel und etwas Knoblauch, Olivenöl, Salz und Pfeffer, alles in der Pfanne anschwenken, 5 Minuten Garzeit- Voilá!
Teigfladen aus Vollkornteig dünn mit Tahini bestreichen , Füllung darüber, fertig.
Hiermit beschließe ich dieses Kapitel, denn ich glaube alles zum Thema „Essbare Wilde“ gesagt zu haben: Ein „wilder“ Garten kann echt viel Freude bringen. Und wenn ich mir mal nicht sicher bin, muss ich jemanden fragen. Gärtnern ist also unbedingt kommunikationsfördernd und ein Gartenstammtisch bringt mitunter erfreuliche Überraschungen und nette Begegnungen zustande.
Die wilden Kräuter ergeben ein extra Kapitel mit der Überschrift "Wachsen lassen"
Nach fast 9 Jahren- solange haben wir nun diesen Garten- kann ich sagen, dass viele, viele Kräuter ganz allein zu mir gekommen sind. Andere habe ich ausgesät und gepflanzt.
Darüber berichte ich demnächst in:
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Nike (Donnerstag, 30 Mai 2019 22:29)
Ich hatte ja keine Ahnung wie weitreichend die Versuche waren! Hut ab!
Sehr inspirierend:)!