Ein beliebtes Fotomotiv meiner Tochter ist Moos. Ihre Fotos bilden Mikrowelten ab, die aussehen wie kleine Wälder. Den Bewohnern des Mooses, also den Ameisen, Asseln, Hundertfüßer, Spinnen, Springschwänzen, Schnecken und Käfern ist das Moos sicher so etwas wie ihr Wald, oder ihre heimatliche Landschaft.. Auf jeden Fall ein guter Lebensraum, auch für die Larven von Insekten.
Außerdem bildet Moos ein gutes Mikroklima für andere Pflanzen, hält die Feuchtigkeit
im Boden, sieht hübsch aus, ist Baumaterial für Vögel usw.
Die Bedeutung könnte noch ausführlicher ausfallen, doch meine Absicht ist nicht, über Moose zu referieren. Nein, dieser Artikel ist sozusagen, eine natürliche Abwehrreaktion auf die grassierende Unsitte, Vorgärten und Grünflächen mit Schotter, Vulkangestein oder Basalt oder Kies zu bedecken. Vielleicht ist es nur eine Mode, die vorübergeht, mich stößt diese offen und ungeniert zur Schau getragene Lebens-feindlichkeit ab. Längst ist diese „Mode“ auch in Rathausgärten eingezogen, jedenfalls in der Gemeinde Eichenzell. Oder, wie ich neulich mit Schaudern sehen musste, am Eingang zu einer
Kleingartenanlage (nicht im Waidesgrund, der ist nun tatsächlich Baugebiet für eine Messehalle geworden). Früher war ein kleines Beet mit Stiefmütterchen und ein großes Schild „Kleingartenanlage“ Heute gibt es nur noch Schotter statt Stiefmütterchen.
Meiner Meinung nach ist es äußerst sinnvoll, möglichst viele Grünflächen in der Stadt zu erhalten.
Wenn gebaut wird, muss ein Ausgleich geschaffen werden. Es ist ja schon traurig genug, dass Gartenanlagen, also die wertvollsten Flächen mit den besten Böden Messehallen
und Parkhäusern weichen müssen. Das Argument der Wohnungsnot sollten wir im
Fall „Waidesgrund“ im Verhältnis des gesamten Flächenverbrauches betrachten, denn die Frage: „Für wie viele Wohnungen dort tatsächlich Platz sein wird, ist noch nicht beantwortet. Im Verhältnis zur Messehalle werden dies sicher nicht mehr als ein paar Alibi-Wohnungen werden. Das ist meine Schlussfolgerung aus dem bisherigen Verlauf. Auf jeden
Fall sollte Ausgleich geschaffen werden.
Das ist einfach wichtig, nicht nur für das Stadtklima, sondern auch, um den Klimaveränderungen insgesamt entgegen zu wirken.
„Der kommunale Klimaschutz nimmt in Fulda eine tragende Rolle ein“ Damit wirbt die Stadt. Ich meine, wer Kleingartenanlagen zugunsten einer Messehalle rodet, kann Klimaschutz nicht wirklich ernst nehmen. Deswegen, weil ich eben nicht auf "die Politik" warten will, dass absolut wichtige Veränderungen angestoßen werden, komme ich immer wieder auf die Kunst zurück:
Kunst-Lebenskunst-Freiheit, das ist meine Lieblingsformel zum ausloten meiner persönlichen Freiheitsräume. Natürlich lande ich damit unweigerlich bei Joseph Beuys.
Beuys‘ Idee vom plastischen Gestalten reicht bekanntlich sehr weit über den herkömm-lichen Kunstbegriff hinaus und umfasst auch das soziale Handeln mit all seinen Konsequenzen. Unter seinem Begriff der „Sozialen Plastik“ verstehe ich alles, was in mir oder durch mich entsteht.
Dies können innere Bilder sein,
die beim Lesen eines Gedichtes in mir auftauchen oder eben, in diesem Fall das Pflanzen einer Blume oder eines Baumes. Doch auch das Nicht-Handeln kann unendlich wirksam werden. Wenn ich beispielsweise ein Stück Natur belasse wie
es ist, trage ich dazu bei, ein Refugium des Lebens zu bewahren. Nicht primär des menschlichen Lebens, sondern eher der Flora und Fauna und somit auch des Menschen, weil er Teil des Gesamt-systems ist. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist das Grüne Band Europas dessen mittlerweile 12.500 km lange Lebenslinie mittlerweile weit über Deutschland hinausgewachsen ist,
sich durch 24 Staaten zieht und Biotope, Menschen und Kultur verbindet.
Brachflächen waren schon immer interessantes Terrain für Langzeit-Beobachtungen.
In Fulda sind alle Brachen, die ich kannte, mittlerweile bebaut. Ein interessantes, aber trauriges Ergebnis dieser Beobachtungen ist: die neue Bebauung ist immer viel größer als die vorherige. Früher wurden Vorgärten und Grünstreifen mit eingeplant. Heute wird jeder Zentimeter „ausgenutzt“, bis zur Kante des Gehweges.
Ein schönes Beispiel für eine grüne Brache habe ich jedoch in meiner Heimatstadt Eisenach entdeckt:
Eine Brücke für Bäume!
Die neue Fußgängerbrücke steht daneben, die alte wurde einfach stehengelassen und abgesperrt:
Zutritt nur für Flora und Fauna
Ein Biotopverbund mit ästhetischen Qualitäten und eine „Schönheitsbarriere“ (nach F.Hunderwasser) per excellence!
Ein weiteres schönes Beispiel für unverhofftes Grün fand ich auf meinem Lieblingseinkaufs-markt, dem Schrottplatz . Hier darf ich nicht einfach herein-spazieren, wie in einem Supermarkt, sondern ich muss mich im Büro melden und sagen, was ich möchte.
Der Service ist überaus freundlich, abgerechnet wird nach Gewicht und Art des Metalls. Oft finde ich auch nicht das, was ich gerade gesucht hatte, bin dann aber meistens glücklich, weil es irgendetwas ganz Schönes ist.
Beim letzten Einkauf bemerkte ich in dem Gebirge von Eisen-Stanzabfällen einen Baum,
ein ziemlich bizarrer, doch unheimlich schöner Anblick. Irgendwie tröstend, dass die Natur sich immer einen Weg sucht, egal wie und wo.
Mir kam die Textzeile des
Liedes „Freunde, dass der Mandelzweig wieder grünt und blüht“ in den Sinn und freute mich.
Auch ein Kran mit festem Standort hat einen frischen grünen Rahmen kleiner Bäumchen bekommen,
im Hintergrund sind Birken
zu sehen und machen
ihrem Namen als Pionierpflanze alle Ehre.
Beim Bezahlen sagte ich zu dem Mann im Büro: „Da vorne wächst ein Baum, mitten aus dem Eisen heraus.“
„Ja, den habe ich auch gesehen!“ antwortete er und wir plauderten noch eine Weile über die gepflegten Blumen vorm Eingang des Büros, die in ungewöhnlichen Behältnissen blühten und ein ästhetisch ansprechendes Gesamtbild ergaben. Ich war entzückt über diese liebevoll gestaltete „Schönheitsbarriere“.
In meiner Fantasie gehe ich alle möglichen bepflanzbaren oder verschönerungsbedürftigen Orte durch, es gibt einige, beispielsweise die Außenwand der JVA. Hier wäre gut Platz für einen vertikalen Garten. sollte ich vielleicht der Stadt-verwaltung diese Fläche als Ausgleichsfläche für den Waidesgrund vorschlagen. Da ich, bis mich jemand eines Besseren belehrt, denke, so viel Platz für Ausgleichs-flächen gibt es garnicht, sollten wir dann die Ausgleichsflächen vielleicht ganz neu denken, sozusagen als kommunales grünes Band?
In Fulda?
Warum nicht?
Irgendwo muss angefangen werden und das geht am besten hier, jetzt und bei mir. Ich komme von dem Thema "Ausgleichsflächen" einfach nicht weg, weil ich meine, den Worten müssen Taten folgen. Ich kann, wenn ich meine Verantwortung für die Zukunft wirklich ernst nehme, nicht einfach darauf warten, dass ein Investor nach dem Entfernen eines Stückes "Grüner Lunge" meiner Stadt freiwillig ein paar Büsche pflanzt. Die Grünfläche galt als Frischluftschneise und die Lebensmittel, die dort produziert wurden, waren genau die regionalen Lebensmittel, deren Anbau eigentlich-den Worten nach- gefördert werden soll und muss. Deswegen werde ich nicht müde, zu pflanzen, Bäumchen zu ziehen und zu verschenken. Das ist für mich ein symbolischer Akt.
Es geht nicht darum, jemanden zum Öko-Aktivisten zu küren,
nur weil er in seinem
zugepflasterten Garten einen Blumentopf aufstellt.
Nein das Aufstellen des Pflanztopfes ist ein symbolischer Akt. Überall dort, wo eigentlich kein Platz ist oder ganz wenig, wo Tristesse und Staub und Zweckmäßigkeit regieren, also dort, wo, wirklich dringend Schönheitsbarrieren nötig ist, dort sollte ganz klar und sichtbar signalisiert werden: hier wohnt ein Mensch, der eine Blume hegt –oder ein Bäumchen oder eine Stockrose einen Löwenzahn oder eine kleine Insektenoase. Gerade weil man mitunter den Eindruck hat, dass man gegen die Schotterflächen sowieso nicht mehr ankommt, denn sie verbreiten sich wie eine böse Seuche. Nach meinem Empfinden müsste in jedem geschotterten Vorgarten ein Schild Pflicht sein mit der Aufschrift:
Achtung Gefahr- Hier wird nicht nur ihr Sinnessystem
verletzt sondern ein Stück Lebensraum zerstört!
Am besten wäre es natürlich, das Steinigen überhaupt zu verbieten, Ich empfinde den Anblick gesteinigter Gärten als massiven Angriff
nicht nur auf mein Sinnessystem sondern als Person mit einer lebensbejahenden, naturverbundenen Grundeinstellung und sozusagen als Gesamtsystem Mensch, dessen Zukunft davon abhängt, wie er seine Beziehung zu seinen Mitgeschöpfen und sein Verhalten innerhalb des Ökosystems unseres Planeten Erde neu definieren und gestalten wird. Weil sich nun aber offensichtlich diese neue, ich sagen würde, essentiell notwendige Sichtweise noch nicht durchgesetzt hat, wähle ich eine für mich akzeptable, eine gute Handlungsoption: Ich pflanze, freue mich an der Schönheit und Vitalität und teile diese Freude mit anderen Menschen, die das möchten. , Wer weiß, vielleicht setzt sich der Trend der Begrünung mal wieder durch? Vernünftige Gründe dafür gibt es ja genug, und die sind nicht allein ästhetischer Natur, sondern einfach ökologisch sinnvoll, nicht zuletzt auch für die Menschen selbst.
Vielleicht ist dies ein Königsweg:
Ich fange dort an,
wo ich bin.
Raum für grüne Ideen ist überall,
auch in der kleinsten
Nische.
Ein Samentütchen zum Verschenken
passt übrigens auch in jede Handtasche (siehe: Graswurzelbewegung)
Wer eine Fensterbank, eine kleine Ecke vor der Haustür oder den Balkon mit einem kleinen Bäumchen schmücken möchte, kann gerne zu mir Kontakt aufnehmen, denn ich habe mal wieder einige Exemplare aus meiner privaten „Baumschule“ kostenlos abzugeben:
Es geht weiter, lesen Sie: Das grüne Band, Teil 2.
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