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Wachsen und wachsen lassen-meine wilden Kräuter


Wer meint, "das habe ich doch schon gelesen!": Ich setzt diesen Beitrag immer wieder auf das aktuelle Datum, wenn ein Kraut dazukommt. Heute, am 8.Mai ist es der Beifuß.


Während des Schreibens des Artikels „Die essbaren Wilden“ wurde mir klar, dass ich den Kräutern in meinem Garten ein extra--Kapitel widmen muss, nicht nur, weil es so viele sind, sondern auch, weil es so viel Interessantes zu beobachten und zu lernen gibt. Viele Kräuter  in meinem Garten sind nicht von mir gesät oder gepflanzt sondern einfach zu mir gekommen. Ich reiße ja auch nichts raus, bevor ich weiß, was da wächst. Als wir den Garten übernommen hatten, war alles mit Efeu überwuchert und total verschattet. Nachdem die abgestorbenen Äste und Bäume entfernt waren und die noch lebenden in Form geschnitten worden waren, veränderte sich auch der Boden und manche Pflanzen tauchten einfach auf.

Das ist auch der Grund, warum ich meine Kräuter hier vorstellen möchte, denn Pflanzenportraits gibt es schon genug im Internet:

Ich möchte zeigen, wie einfach es im Prinzip ist, sich fast das ganze Jahr über mit frischen wilden Kräutern aus dem eigenen Garten zu versorgen und -toller Nebeneffekt- sich einen vielfältigen bunten und duftenden Lebensraum zu teilen mit allem was in einem naturbelassenen Garten so lebt.

Ackerschachtelhalm

Ackerschachtelhalm nutze ich als Tee und als Pflanzendünger. Empfehlenswert ist das Büchlein “Pflanzensaft gibt Pflanzen Kraft“ aus der  Abtei zur Hl.Maria, erhältlich im Klosterladen in der Nonnen-gasse in Fulda. Wenn möglich, lege ich mir gerne einen großen Vorat an. Im letzten Jahr hatte ich viel zu viel gehortet und entschied mich dafür, die getrockneten Pflanzen  als nahrhaften Mulch direkt um sensible Pflanzen legen. Kein Wunder, dass dieses Kraut früher zum Scheuern von Töpfen verwendet worden ist, dachte ich, während ich das feste Kraut in meinen Händen fühlte. Und so kam ich auf die Idee, daraus einen Schutzwall gegen Schnecken  um meine frischen zarten Salatpflanzen zu legen. Die ersten Tage waren vielversprechend. Die Schnecken machten echt einen Bogen um den Ackerschachtelhalm! Meine Freude war groß und ich fühlte mich wie Kolumbus. Ich hatte das ultimative Schnecken-abwehrsystem erfunden! Meine Euphorie hielt bis zum nächsten Regen, da war der Wall schon etwas schlaff, meine Vorräte verbraucht und die neue Ernte noch weit. Ich lockerte das Kraut wieder etwas auf, doch der Verrottungsprozess hatte begonnen. Auch gut, so kommen die Nähstoffe an meinen Salat und ich tüftelte nun an einem Abwehrzaun aus Kupferdraht.

Beinwell

Einige Beinwell-Pflanzen habe ich mir schon seit mehr als 10 Jahren in meinem Garten als Blattgemüse  angesiedelt. Ich verwende ihn wie Spinat. Eine gute Pflanzenbeschreibung gibt es bei "Kostbare Natur".

 Dort sind alle Verwendungsmöglichkeiten beschrieben, von denen ich erst wenige ausprobiert habe. Der Beinwell wächst zwar ganz ohne Pflege, wie all meine anderen essbaren Wilden , doch ich habe noch nicht genügend, um beispielsweise die Wurzeln zu verarbeiten. Eine wie ich finde, sehr nette Besonderheit des Beinwells ist seine ruppige Blattstruktur, die wunderbar wie ein natürlicher Klettverschluss wirkt. Damit lassen sich leckere Gemüse-oder Schafskäsepäckchen basteln. Eine gute Idee, die "Verpackung" mitzuessen und kulinarische Experimente mit Kindern zu ersinnen und zu entwickeln. Von wegen: "Mit dem Essen spielt man nicht!"

Beifuß

 Hiermit verkünde ich, dass in der Walpurgisnacht anno 2021 im Garten hinter dem Grünen Haus Artemisia vulgaris in den Adelsstand gehoben wurde. Da mir in meinem Garten mitunter wie einer milde regierenden Königin zumute ist, betrachte ich mich auch als legitimiert, Nobilitierungen nach Gutdünken und ehrfurchtsvollem Empfinden selbst einzuleiten und durchzuführen.

 

Warum gerade der Beifuß? Der Gedanke kam mir beim Räuchern. Seit einigen Jahren achte ich darauf, immer einen ausreichenden Vorrat an Beifuß zu haben, um zu bestimmten Anlässen wie den Jahreskreisfesten, zu räuchern. Der Duft des Beifußes ist unwiderstehlich, wenn das Kraut genau richtig getrocknet ist. Ich sehe mich noch in der Übungsphase und noch weit entfernt vom perfekten Ergebnis. Der Erntezeitpunkt ist wichtig und dann muss das Wetter noch mitspielen.  Was beim Trocknen für alle Kräuter gilt, ist beim Beifuß am Duft wahrnehmbar: Er muss noch aromatisch riechen, eine kurze intensive Trocknungszeit durchmachen. Zu heiß darf es allerdings auch nicht sein, dann kann er auch schon mal Aroma verlieren. Im letzten Sommer habe ich Glück gehabt und das Aroma ist zufriedenstellend. Dem Beifuß werden psychoaktive Wirkungen nachgesagt, er wirkt zwar beruhigend, doch öffnet er auch den Geist und schafft eine intuitive Nähe zum Kosmos. Das mag reichlich esoterisch klingen, doch wer mag, probiere es aus und finde bessere Worte dafür! Mir genügen allein seine Eigenschaften als Räucherkraut, um dem silbrig-schimmernden starken Schutzzauberer gegen das Böse die silberne Krone zu verleihen.

 In diesem Frühjahr habe ich ein paar Pflänzchen in meinem Garten entdeckt, leider an Stellen, an denen er nichts zu suche hat oder auf Dauer keinen Platz haben würde.

Also habe ich die Pflänzchen ausgegraben, um sie aufzubewahren für den Herbst. Dann werden wir ein Stück Garten dazubekommen. Dort habe ich ihm in meinen Planungen eine Rabatte zugeteilt, wo er in Gemeinschaft von Goldrute und Fliederbusch eine Abgrenzung zum Nachbargrundstück bilden kann. Alle drei sind Herbststauden und ich freue mich schon auf den Anblick. In der Küche bin ich noch nicht über die Verwendung als Würzkraut zum Gänsebraten hinausgekommen, doch das wird sich bald ändern. Erstens riecht das frische Kraut sehr lecker und ich habe es jetzt im Blumentopf, kann also ohne Bedenken ernten. Außerdem ist mir ein Buch über die Pflanzen von Hildegard von Bingen in die Hände gefallen. Nach dessen Lektüre ist mir bewusst geworden, wie wenig ich wirklich über die Kräuter in meinem Garten weiß und freue mich über vor mir liegenden Forschungsfelder!

Brennnessel

Brennnesselsamen als Geschenk verpackt
Brennnesselsamen als Geschenk verpackt

Die gute alte Heilpflanze Brennnessel, von vielen leider als Unkraut verachtet, muss ich denen, die sie schätzen, ja wirklich nicht erklären.

Meine Absicht ist auch nicht, Daten über Pflanzen zu veröffentlichen, sondern die Vielfalt und Schönheit (m)eines naturnahen Gartens zu preisen. Seitdem ich angefangen habe, die Wild-Kräuter in meinem Garten aufzulisten, erstaune ich immer wieder, wie viele es doch sind. Der Brennnessel gehört nur eine kleine Ecke, weil mein Garten auch klein ist und ich mich nicht ständig stechen lassen möchte. Mein tatsächlicher Bedarf, zum Beispiel an den Samen der Brennnessel, kann nicht aus dem eigenen Garten gedeckt werden. Doch es macht auch Spaß, durch Wälder zu streifen und zu sammeln. Die besten Sammelstellen finde ich an Waldrändern, fern ab von Straßen und stark gedüngten und gespritzten Feldern. Die Samen der Brennnessel enthalten zahlreiche Mineralsalze, die Vitamine A, B, C und E, Chlorophyll, Carotinoide, Eisen, Kalzium, Kalium, Linolsäure und viele weitere wichtige Inhaltsstoffe.  Sie schmecken leicht nussig, und sind auf angenehme Weise knackig und zart zugleich. Am liebsten verwende ich sie als Bestandteil von Getreidebrat-lingen, nicht viel, etwa 10 Prozent. Natürlich kann ich die Samen auch einfach so essen: Salate, Brotaufstriche, Müsli, was immer zart-knackig und schmackhaft-gesund schmecken soll, wird bestreut!

Außer den Samen verwende ich die zarten Blätter der Brennnessel im Frühjahr als Tee, zur Herstellung grüner Farbe und, später im Jahr, als Dünger.

Fünffingerkraut

Fünffingerkraut bei Großenlüder, unterwegs mit dem Reisegefährten Spitzwegerich
Fünffingerkraut bei Großenlüder, unterwegs mit dem Reisegefährten Spitzwegerich

Das Fünffingerkraut gehört zu jenen Kräutlein, die ich sehe und auch wieder nicht sehe, weil sie bedeutungslos für mich sind. Pardon, ich muss mich korrigieren: „bedeutungslos waren“. Bis vor 2 Jahren hatte ich zwar hin und wieder seine zarten gelben Blüten in der Kalksteinmauer (dort, wo auch der Huflattich wächst) wahrgenommen- um sie dann wieder zu vergessen. Zu unscheinbar waren die zarten, grünen, gefiederten Blätter. Doch ich erinnerte mich daran, als ich einen Märchenabend zum Thema „Kräuter“ vorbereitete, ging zur Mauer, suchte und fand ein erstaunlich großes Netzwerk aus kriechenden Stängeln, dessen Außengrenzen nicht abzuschätzen waren. Es hatte mittlerweile die gesamte Mauerfläche besiedelt, indem es seine Stängel ausstreckte, Ausläufer bildete, die sich, Pfadfindern ähnlich, neue Siedlungsgebiete erschloss. Ich habe gelesen, dass das Fünffingerkraut in ganz Europa anzutreffen ist, das hat mir gefallen. Was für eine Fortbewegungsart: Stängel bilden, die wie Fühler die günstigsten Voraussetzungen für den nächsten Schritt anpeilen- Ausläufer bilden, diesen zur Erde niederlassen, Wurzeln bilden- fertig zum nächsten Schritt. Schritt für Schritt durch ganz Europa! Weiterhin habe ich gelesen, das Fünffingerkraut würde ganze Teppiche bilden, wenn man es nicht bekämpft. Was für eine verlockende Vorstellung, statt der öden Rasenfläche zukünftig auf einem grünen Teppich aus Fünffingerkraut, kleinen Walderdbeeren, Gänseblümchen und den anderen, bislang noch namenlosen Kräutlein zu wandeln. Der Rasen ist sowieso vermoost- also ein Teppich ist schon da, nur bei der Vielfalt ist noch „Luft nach oben“. Die Vorbesitzer haben Wert auf „richtigen“ Rasen gelegt.

Ab nächstem Jahr können wir also Zeugen einer Verwandlung sein, Schritt für Schritt. Wunderbar. Über die Heilpflanze „Fünffingerkraut“ habe ich auch erstaunliches erfahren, beim Sonnenhirsch aus der Schweiz. Danke!) Über die Verwendung der Pflanze und die Anwendung entsprechender Tinkturen o.ä. kann ich noch nicht berichten, dazu muss ich erst Erfahrungen sammeln.

Giersch

Irgendwo in diesem grünen Teppich ist der Giersch
Irgendwo in diesem grünen Teppich ist der Giersch

Giersch, das Kraut, welches, nach Jan Wagner das Begehren bereits im Namen trägt, wächst wirklich sehr maßlos.

Auch für Personen wie mich, für die Giersch von April bis Juni schon fast zu meinen Grundnahrungsmitteln gehört, ist es absolut erstaunlich, wie kraftvoll diese Pflanze ist. Ich habe den Giersch immer verteidigt und eher die These „Aufessen statt ausrotten“ vertreten, doch in den letzten Jahren war er mir dann doch zu viel. Es ist ja tatsächlich so, dass Giersch umso kräftiger wächst, je mehr er bekämpft wird.  Da ich Giersch mittlerweile im ganzen Garten hatte, erntete ich auch überall, Überschüsse verwendete ich, um Dünger herzustellen oder direkt als nahrhaften Mulch. Im letzten  Jahr kam mir die Idee, den Giersch nur an einer etwa 3 Quadratmeter großen Stelle  direkt neben der Terrasse zu ernten. Ich wollte beobachten, ob er wirklich dichter wird, wenn ich immer wieder an der gleichen Stelle ernte- und ob er weniger stark nachwächst, wenn ich ihn in Ruhe lasse.

Meiner Meinung nach eindeutig JA!

Während einer Veranstaltung zum Thema „Insektenfreundlicher Garten“ im Umweltzentrum Fulda erzählte ich einer anderen Kräuterliebhaberin von meiner Beobachtung. „Wenn das stimmt, hast du irgendwann mal zu wenig Giersch- aber zur Not kannst du ja auch nach-säen.“ war ihre Antwort. An diesem Tag verabredete ich mich auch zum Pflanzentausch: Giersch gegen Guten Heinrich. Es lebe die Spinatvielfalt!  Was ich in diesem Jahr neu ausprobiert habe ist Limonade  aus Giersch-sehr lecker. Wenn ich nur den Kräutergeschmack von Giersch Minze/Melisse o.ä. genießen möchte, lege ich die Kräuter einfach eine Stunde in meine Wasserkaraffe. Ein Spritzer Zitrone dazu, Zucker brauche ich nicht (immer) dazu.

Und wenn der Giersch doch einmal zu üppig wächst, dann bereichere ich meine Wintervorräte um eine besondere Spezialität: Grünmehl!

Huflattich

 Als wir vor gut 10 Jahren hier eingezogen sind, wurde das Nachbargrundstück bebaut und komplett umgeackert, wieder aufgefüllt und mit einer Mauer aus Kalksteinquadern als Abgrenzung zu unserem Garten bebaut. Die Steingartengewächse, die wir dort in die Zwischenräume pflanzten, wuchsen nicht so recht an und die Mauer sah im ersten Jahr ziemlich langweilig aus. Im nächsten Frühjahr hatte dann der Huflattich seine große Premiere. Mit der ersten Februarsonne leuchteten seine sonnengelben Blüten aus vielen Ritzen und ließ uns staunen: Ganz ohne menschliche Absicht hatte er seinen Platz zum Blühen und Leben gefunden, denn er mag feuchte, nährstoffarme Böden. Deshalb ist er auch in Steinbrüchen oder Brachflächen, die kurz vorher umgebrochen wurden, zu finden. Ich habe die Samen an allen möglichen Stellen im Garten ausgesät, doch nirgendwo ist die Saat aufgegangen. Er sucht sich selbst seine Lebensräume aus. Wie genau seine Wanderschaft durch Erdschichten und durch die Lüfte organisiert ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Im Garten ist er mir wegen seiner vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten ein gern gesehener Gast, und auch wegen seiner Schönheit. Eine besondere Rolle spielt er auch in der Küche, weil er wertvolle Bitterstoffe besitzt. Diese sind ja bekanntlich aus unseren Gemüsesorten weggezüchtet worden und fehlen uns nun zu einer ausgewogenen, gesunden Ernährung.

 

Für mich ist auch interessant, zu beobachten, wie er auf den stetig wachsenden Humusgehalt im Boden reagiert und ich hoffe, dass ihm das nicht zu viel ausmacht und er uns noch lange erhalten bleiben und weiterhin der Erste im Jahr sein wird, der uns mit sonnengelben Frühlingsgrüßen erfreut. 

Knoblauchsrauke

Giersch und Knoblauchrauke sind befreundet, jedenfalls erscheinen sie mir immer so: Egal zu welchem Gericht, die beiden gehen eigentlich immer zusammen. Sobald die ersten Blättchen da sind, und das ist manchmal bereits im März, doch spätestens Anfang April, kann ich ernten. Der zarte Knoblauchduft ist sehr mild und unwiderstehlich. Ein Pesto aus Knoblauchrauke ist einfach köstlich, doch die Verwendung ist wirklich sehr vielseitig. Es gibt viele gute Informationen,

deswegen möchte ich zu der Pflanze noch sagen, dass ich darauf achte, dass genügend Samenstände verbleiben. Die Pflanze sät sich selbst aus, doch ich greife mitunter ein, ernte den Samen und sähe an die Stellen, wo ich es für richtig halte, z.B. zur Beschattung von Zwischenräumen.

Löwenzahn

der Erste in diesem Jahr!
der Erste in diesem Jahr!

Seltsam, dass es ein kleines, wildes Kräutlein vermag, eine derart konträre Lagerbildung

zu verursachen, die Liebhaber und die Hasser. Ich vermute jedoch,  dass selbst die eifrigsten Gegner des Löwenzahns zumindest heimliche Sympathien hegen. Alles andere ist undenkbar.

Ich habe bisher keinen einzigen Menschen getroffen, der beim Anblick einer Pusteblume keine glänzenden Augen bekommt. So ist er halt, der Löwenzahn, er verzaubert uns mit seiner Schönheit und seiner Kraft. Diejenigen, die ihn aus ihrem Rasen ausstechen und ihn bekämpfen, haben ihn sicher auch geliebt, als sie Kinder waren. Doch das haben sie dann vergessen. Schade, denn es ist nicht so einfach, geeignete Stellen zu finden, um ihn zu ernten: Also da, wo keine Hunde rumlaufen oder sonstige Verunreinigungen zu erwarten sind. Gott sei Dank, habe ich ihn selbst im Garten. Ich gebe es zu, früher habe ich ihn auch entfernt, wenn er mir zu viel wurde. Nach dem Motto „Er oder mein Gemüse“ konnte ich ja vermeintlich nicht anders handeln, bis ich dann gelernt habe, dass beide zusammen sehr gut miteinander auskommen. Es ist sogar so, dass er den Boden regeneriert, mir als Zeigerpflanze dient und mit seiner langen Pfahlwurzel wertvolle Nährstoffe in die oberen Schichten des Bodens befördert- also zu meinem Gemüse. Und wenn er dort zu groß wird, schneide ich ihn ab und esse ihn auf. Oder mache wertvollen Dünger daraus. Wenn er mir zu herb ist, kann ich ihn bleichen. Dann schneide ich ihn ab, stelle ich Tontöpfe auf die abgeschnittene Wurzel und warte ab. Nach einer gewissen Wachstumszeit im Dunkeln kann ich dann zartgelben Löwenzahnsalat mit fast weißen Stielen ernten.

Am liebsten verwende ich jedoch die Blüten: ich koche daraus  „Löwenzahnhonig“-unentbehrlich zum Süßen, beispielsweise von Salatdressing. Über den Löwenzahn existieren schon reichliche Informationen im Internet, ich habe diesem Wissensschatz nichts mehr hinzuzufügen außer einer kleinen Geschichte:

Vor ein paar Jahren betreute ich stundenweise einen alten Mann mit fortgeschrittener Demenz. Im Sommer kam ich einmal um die Mittagszeit, doch er schlief noch tief und fest. Seine Frau fragte mich, ob ich ihr einen Gefallen tun und die frischen Löwenzahnblüten in ihrem Garten pflücken würde bis ihr Mann wach würde. Das wollte ich gerne tun.

„Ich zeige ihnen das Beet.“ sagte sie.

„Sie haben ein Beet mit Löwenzahn?“ fragte ich erstaunt?

Ja, tatsächlich, das hatte sie. Das Saatgut hatte sie im Internet bestellt und erntete seit ein paar Jahren den Löwenzahn für ihren Salat im eigenen Beet.

Der restliche Nachmittag wurde dann sehr lustig. Wir verglichen die Pflanzen im Beet mit denen auf der Wiese, fanden keine Unterschiede und entwickelten eine gemeinsame Geschäftsidee: Saatgut von Löwenzahn und Brennnesseln verkaufen. Leider kamen uns dann die Alltagsdinge dazwischen und der Plan ist noch nicht weiter entwickelt worden.

Doch  wenn wir uns mal treffen, was hin und wieder vorkommt, nehmen wir den roten Faden wieder auf und reden über unsere „Geschäftsidee“. Wir sind uns einig,  dass wir erst einmal die Nachfrage untersuchen müssen, ehe wir mit der Produktion starten.

Dann stellen wir fest, dass wir allein mit dem Gold des Löwenzahns beschenkt sind  und vertagen das große Geschäft auf später.

Quillquina

Meine Quillquina

(Sprich: killkinja oder Killi) , verströmt ein unwiderstehlich herb-würziges Aroma doch wächst sehr eigenwillig.

Was für eine Diva! Ja, diese

 Gewürzpflanze aus dem bolivianischem Hochland,

verhält sich ganz so, als wüchse sie immer noch in den Anden und nicht an einem Berghang des Aschenbergs. So genau kenne ich zwar die klimatischen Verhältnisse dort nicht, meine Killi scheint jedenfalls seine ganz eigene innere Uhr zu haben. Ich habe sie schon zu ganz unterschiedlichen Zeiten ausgesät- im Herbst, im frühen Frühjahr, im späteren Frühjahr. Noch nie ist die Saat richtig aufgegangen, doch eine winzige Pflanze  entdeckte ich dann immer im Juli oder August, meist an einem überraschenden Standort. Ende Oktober trug ich dann das noch immer mickrige Pflänzchen ins Haus und hielt es den Winter über am Leben. Obwohl das bedauernswerte Geschöpf gerade ein Zehntel seiner normalen Größe hatte, blühte  es, so dass ich wenigstens das Saatgut hatte. An die Ernte der Blätter war nicht zu denken- ich hätte ja mit einer Pinzette arbeiten müssen. 

Also säte ich wieder an allen erdenklichen Standorten aus und die Geschichte wiederholte sich Jahr für Jahr während ich von diesem einmaligen Aroma träumte. In diesem Jahr entdeckte ich dann mit einem Mal ganz viele Pflanzen, wenn auch erst wieder im Juli. Ich fand sie alle dicht um die Mutterpflanze herum- sie hatten sich selbst ausgesät! Killi ist also ein Lichtkeimer. Ich darf den Samen  nicht mit Erde bedecken.  Nun werde ich die Pflänzchen also wieder überwintern und träume von großen Portionen mit würzigem Pesto im nächsten Sommer!

Schafgarbe

Nachdem ich in einem Buch von Wolf-Dieter Storl gelesen hatte, dass die Schafgarbe Körper und Seele verbindet und welche Eigenschaften sie noch hat, wollte ich, neben anderen Kräutern, auch unbedingt Schafgarbe sammeln um verschiedene Teemischungen herzustellen. Bei uns im Ort hatte ich vor einigen Tagen ein wahres Meer von Schafgarbe entdeckt. Eine richtige Augenweide- leider auch die Weide für 2 Ochsen, also nicht so leicht zu pflücken.

Am Sonntag fuhr ich mit dem Fahrrad zu der Weide, die am Ortseingang liegt. Ich hatte mir vorgenommen, beim Besitzer zu klingeln und zu fragen, ob ich etwas von seiner Schafgarbe haben könnte. Oder vielleicht doch lieber die Wiesen ringsherum absuchen- die Schafgarbe wächst ja jetzt überall. Ich wollte es mir unterwegs überlegen. Als ich dort ankam, war der Weg versperrt. Fahrzeuge des technischen Hilfsdienstes waren dort im Einsatz und hinter dem Absperrband standen jede Menge Leute, Anwohner und Einsatzkräfte. Am Rand der Weide stand ein Mann mit einem kleinen Jungen. Alle redeten miteinander. Mir wurde mitgeteilt, dass ich hier nicht vorbei käme. Ich wollte wissen, was passiert wäre.

„Ein einsturzgefährdetes Haus“ war die knappe Antwort der Anwohner.Ich fragte nach, ob es gebrannt hätte oder wieso das Haus plötzlich einsturzgefährdet wäre. „Weil es eben so ist“, war die Antwort.Darauf wandte ich mich an den vermeintlichen Besitzer der Weideochsen- und der Schafgarbe. Er war sehr freundlich, schnitt mir soviel Schafgarbe ab, wie ich mit dem Fahrrad transportieren konnte und bot mir mehr an, falls ich später noch einmal kommen wollte. „Komisch“, sagte er, „ meine Großmutter hat auch immer gesagt, so ein schönes Feld voller Schafgarbe“ und gemeint, wie wertvoll die wäre. Aber er wusste nicht mehr, für was.

Auf dem Nachhauseweg dachte ich über die Begegnung nach. Der kleine Junge war wirklich interessiert, an dem was ich sagte, er hat richtig zugehört. Noch nie hatte ich irgendeinen Bewohner an dieser Stelle getroffen. Ich fand es seltsam, dass ich zufällig genau den Menschen getroffen habe, den ich antreffen wollte.

Mein nächstes Ziel war eine ziemlich weit ab gelegene Stelle an einem kleinen Flüsschen, an dessen Ufer ich Beifuss erntete. Ich teilte in zwei Büschel- ein zartes, frisches für Tee, ein reiferes zum Räuchern. Während der Weiterfahrt dachte ich darüber nach, mit was ich den herben, bitteren Geschmack harmonisieren könnte- irgendetwas fruchtig-süßes müsste es sein.

Ich hatte noch nicht viele Varianten durchdacht, als mein Blick auf die strahlenlose Kamille zu meinen Füßen fiel. War das nicht die mit dem zarten Ananasgeschmack? Ich probierte und war wirklich überrascht: Genau das Richtige. Ein winzig kleines, zartes Pflänzchen mit ganz feinem Geschmack.  Auf dem Nachhauseweg fand ich noch mehr Beifuss und Schafgarbe, bei diesen beiden Sorten wollte ich heute auch bleiben. Ich hielt nur deshalb immer wieder an, weil ich meinte, einen besonderen Rosa-Ton entdeckt zu haben. Es wäre ja schön, wenn ich weiße und rosa Schafgarbe hätte. Aber die Weiße war auch schön und ich hatte genug.

Ich machte mich endgültig auf den Heimweg, fest entschlossen, nicht mehr anzuhalten. So fuhr ich zufrieden und in Gedanken dahin und atmete den Duft aus meinen Fahrradkörben ein. Plötzlich bemerkte ich, dass ich von dem Weg, den ich in und auswendig kenne und schon Dutzende Mal gefahren bin, abgekommen war. Darüber wunderte ich mich, aber nach der nächsten Anhöhe musste ich erst einmal stehen bleiben und konnte zunächst meinen Augen nicht glauben, denn plötzlich ergoss sich vor meinen Füßen eine leuchtende Fläche voller rosafarbener Schafgarbe. Ich setzte mich, um den Anblick mehr genießen zu können, nahm  mir Zeit beim Abschneiden und ließ noch genug  stehen.

Nun war ich, trotz des kleinen unfreiwilligen Umwegs bald zu Hause. Wenn ich durch den

 

Wald fuhr, regnete es, wenn ich aus dem Wald herausfuhr, hörte der Regen auf.

 

So habe ich meine Kräuter trocken nach Hause gebracht. Mittlerweile habe ich auch Schafgarbe im Garten. Die zarten frischen Blätter passen gut zu Kopfsalat- oder  in einen Wildkräutersalat.

Scharbockskraut

Das Geschenk des Waldes

Gerne wächst das Scharbockskraut unter Laub-bäumen im Wald, doch seitdem ich es kenne, erkenne ich es an vielen ganz verschiedenen Standorten. Im Garten wächst es am besten dort, wo es in Ruhe gelassen wird. Das heißt, dort, wo der Boden nicht ständig geharkt oder umge-graben wird, also auf Rasen-flächen aber auch zwischen Stauden. Ich kann nicht sagen, dass es wählerisch ist, was die Nachbarn betrifft. Es ist leicht anzusiedeln, was sich auf jeden Fall lohnt, denn es schmeckt sehr gut- leicht scharf und würzig und ist voller Vitamin C und anderen wertvollen Inhaltsstoffen. Außerdem ist sein grüner Teppich mit den sternförmigen gelben Blüten im Frühling eine Augenweide und eine Weide für Insekten. Die schönen herzförmigen Blätter bedecken und schützen-den Boden vor Austrocknung und alles, was darunter keimt und wächst, vor Nachtfrösten, Trockenheit oder zu starker Sonne. Wenn dann später, so Ende April, alles andere im Garten so richtig sprießt, dann zieht sich das Scharbockskraut wieder in die Erde zurück.

Bis Ende Mai ist es dann verschwunden und lebt in den im Erdreich verborgenen Wurzelknöllchen weiter bis zum nächsten Frühjahr, wenn es uns wieder mit seinem frischgrünen Blätterteppich erfreut. Es gibt also für den Gärtner keinerlei Arbeit außer dem Ernten und -den Boden in Ruhe zu lassen.

Ein wahres Geschenk der Natur! Bleibt nur noch DANKE zu sagen, dafür, dass das Scharbockskraut den Weg aus dem Wald in meinen Garten gefunden hat.

Gute Infos habe ich z.B. beim Nabu gefunden.

Vogelmiere

Vogelmiere im Winter
Vogelmiere im Winter

„Welches Kräutlein ist denn da zu mir gekommen?“, fragte sich einmal eine Bekannte, die mir erzählte, wie ebenso plötzlich wie üppig die Vogelmiere auf ihrem Balkon im Blumentopf wucherte und sie sich darüber freute. Ich kannte die Vogelmiere auch, doch hatte ihr bisher keine besondere Beachtung geschenkt. Als Boden bedeckende Pflanze schützt sie die Erde vor Austrocknung, das hatte ich schon erkannt und aus diesem Grund darf sie auch in meinem Garten wachsen. Außerdem ist ihr Grünton einfach unwiderstehlich schön.  Doch auf die Idee, die Pflanze zu essen, bin ich bis zum letzten Sommer noch nicht gekommen. Doch an dem Tag, an dem ich sie das erste Mal als Spinat kostete, erkannte ich wehmütig, was ich bisher versäumt hatte. Was für ein zarter und gleichzeitig mild-würziger Geschmack! Sie lässt sich sehr leicht mixen und ist auch als Zutat für Smoothies gut geeignet. Ich verwende sie seitdem, ganz gewöhnlich, als Salat. Wobei ich mal wieder bei den kulinarischen Verwendungs-möglichkeiten angelangt bin. Als ob dies der wichtigste Grund wäre, einer Pflanze die Erlaubnis zum Wachsen zu erteilen. Ich meine, das ist ein wichtiger Grund, ich liebe es, durch den Garten zu streifen und überall um mich herum liebliche Köstlichkeiten naschen zu können. Doch es gibt natürlich noch mehr Aspekte. Ich möchte an dieser Stelle auf meinen Lieblingsautor zu diesem Thema hinweisen. Seine Pflanzenportraits lese ich am liebsten bspw. in  „Heilkräuter und Zauberpflanzen“. Er beschreibt die Pflanzen als lebendige Wesen mit bewunderungswürdigen Eigenschaften.

 

Die Vogelmiere hat eine erstaunliche Vitalität: Im Verlauf eines Jahres bringt sie fünf bis 6 Generationen hervor, pro Generation erzeugt sie 10000-20000 Samen. Diese Samen haben, wenn sie in der Erde schlummern, eine Lebensdauer bis zu 60 Jahren. Sie ist eine Pionierpflanze und eine lebendige Mulchschicht, Lebensraum für humusbildende Kleinlebewesen und Nahrungsquelle für kleine Vögel. Sie wächst und blüht rund um das Jahr, als wäre es immer Frühling. So eine zarte Gestalt und solch eine Kraft!

 

Bei den meisten meiner Kräuter freue ich mich im Frühjahr über ein Wiedersehen, bei der Vogelmiere auch schon mal im Winter, wenn ich einen Blick auf ihr frisches Grün unter einer Schneedecke erhasche.

Waldmeister

Der Waldmeister ist eines von vielen Kräutern, welches im zweiten oder dritten Jahr nach der Entfernung des Efeus plötzlich da war. Das war vor 10 Jahren. Ich weiß nicht, was die Vorbesitzer alles gepflanzt oder ausgesät hatten, auf jeden Fall war der Garten ziemlich verwildert und überall mit Efeu überwuchert.

Und dann diese zartgrüne Überraschung!

Ich habe gut auf die ersten Pflänzchen achtgegeben, damit ich sie nicht aus Versehen verletze. Nach ein paar Jahren hatte ich genug, um den Waldmeister auch im Vorgarten anzusiedeln. Vor ein paar Jahren hat sich dann dieses Bild ergeben. Die letzten beiden Jahre waren zu trocken für ihn, er war kaum zu finden. Doch in guten Jahren kann ich aus dem Vollen schöpfen: Bis zum Zeitpunkt der Blüte kann ich ihn ernten und Wasser oder Apfelsaft damit aromatisieren (immer erst für kurze Zeit anwelken lassen, damit er sein Aroma entfaltet.) Ich lasse immer genug als Bienenweide stehen und ernte einen Abschnitt nach dem anderen. Die getrockneten Kräuter ergeben Duftkissen, sie riechen herb-frisch-würzig. Ich mag den Geruch sehr und freue mich über Duftlandschaften in meinem Kleiderschrank, denn dort duftet es auch noch nach Lavendel, Minze…und Waldmeister.

Zitronenagastache

Saatgut stammt von Dreschflegel
Saatgut stammt von Dreschflegel

Ein ganz besonderes Zitronenaroma verströmt dieses Kräutlein. Ich verwende es für alle Arten von Salat und zu jedem Gemüse sowieso. Und doch ist es nicht so, dass ich immer den gleichen Geschmack habe; es ist eher so, als ob sich dieses Aroma an den jeweiligen Grundgeschmack anschmiegt und dabei einen zarten zauberhaften Hauch verströmt, der den Charakter der Speise noch betont und veredelt. Unverzichtbar! Glücklicherweise ist der Anbau denkbar einfach. Die zweijährige Pflanze bildet stets genügend Samen, den ich nach der Blüte sammle. Wenn ich im Spätsommer  im Blumentopf oder einer Schale aussäe  und diese am geschützten Ort im Freien überwintere, werde ich bereits im Februar mit den ersten zarten Blättchen belohnt.

Spitzwegerich

Text folgt in Kürze

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