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Osterputz

Neuigkeiten aus dem Büro für StadtverWALDung:

Ein Schwangerschaftstest, Schnuller, Mütze, Kleider, Hosen, T-Shirts mit Blümchen, Milchpackung, Kaffeepads, Einweggeschirr, Trinkhalm, Bonbontüten, ein kleines Herz aus Glitzerfolie und silberne Luftschlangen, Kartoffelchips, Aufsatz für elektrische Zahnbürste, Schnapsflaschen, kleine und große, Zigarettenpackung, zerknüllt, Zigarettenstummel, eine CD, Taschentücher, Regenschirm, Radkappe, Luftfilter, Bauschutt, Corona-Test

( positiv), schmutzige Einwegmasken, ein Stempel „Erledigt und geprüft“- all diese Dinge gehören mehr oder weniger zur urbaner Lebensform.

Während wir, drei Leute aus Fulda heute am Straßenrand der Edelzeller Straße Müll aus dem Gebüsch sammelten, stellte ich mir vor, wie Außerirdische einen Besuch auf der Erde machen, vielleicht gerade hier an dieser Stelle, um Erkenntnisse über urbane Lebensformen der hier wohnenden Menschen zu sammeln. Ein Gedicht von Günter Kunert, „Raumflug“ kommt mir in den Sinn:

"Es (das Raumschiff) prüfet die Planeten

Ob man sie kann betreten..."

Schon kurz nach den ersten Datenerhebungen und im Gedicht in Strophe 4 kommen sie zu dem Schluss, dass hier zwar Wesen leben, die auf zwei Beinen gehen und es Kultur nennen, sich gegenseitig zu massakrieren.(Der Umgang mit der eigenen Lebenswelt ist ebenso alles andere als ermutigend) In Strophe sechs wird bekannt gegeben, ein Mensch kann hier nicht leben, vielleicht in spätrer Zeit....

Ja, denke ich, sie würden wahrscheinlich sehr schnell das Weite suchen. Und, ja, leider sehr oft, schäme ich mich, dieser Spezies anzugehören. Doch andererseits: Wir drei haben heute an der Edelzeller Straße auf einer Strecke von etwa 600 Metern Acht große Säcke voll Müll gesammelt. Und wir wissen von vielen ähnlichen Aktionen. Mit allen diesen Menschen fühlen wir uns verbunden und hoffen, dass wir immer zahlreicher werden und unsere Stadt immer schön sauber und lebenswert bleibt. Macht ja auch einen guten Eindruck, falls mal Besuch kommt.

Später brachte ich den Müll zum Wertstoffhof, wo mir der Tag noch eine passende Begegnung, quasi als krönenden Abschluss präsentierte. Eine Frau, mit der ins Gespräch kam, interessierte sich für das große Bild, welches ich seit Wochen spazieren fahre: “Wir haben ein großes Haus geerbt, ein großes Haus der Welt...“ An der Arbeit, in einer christlichen Einrichtung (!) entsprach dieses Bild nicht dem Geschmack der Einrichtungsleitung. Sicher findet es nun einen geeigneteren Platz, denn ich schenkte es der Frau und wir gingen, beide erfreut und beglückt, auseinander. Im Nachklang denke ich, nicht nur für uns halten wir unsere Stadt sauber. Auch die tierischen und pflanzlichen Wesen im Lebensraum „Gebüsch“ leben sicher nicht gern und schon gar nicht gesund inzwischen verrottendem Plastikmüll. Und der Lerchensporn und die zarte Vogelmiere sehen wirklich viel hübscher aus ohne unsere „Spuren der Zivilisation“.

Unsere blühenden Nachbarn...

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