Auch in den unerfreulichsten Zeitungsartikeln können Anteile von mutmachenden Botschaften enthalten sein, sie befinden sich zwischen den Zeilen und bilden oft den wohltuenden Gegenpol zu dem, was uns der Schreiber mitteilen will.
So berichtet Jensen Zlotowitz im Lokalteil der „Thüringer Allgemeine“ vom 31.März über die Reaktionen der Eisenacher Bürger zu den zahlreichen Baumfällungen in jüngerer Vergangenheit und schreibt, „fast reflexartig gibt es in der Stadt dann einen Aufschrei“. Meistens werden seiner Meinung nach die Details und die Gesetzlichkeiten nicht in Betracht gezogen.Dazu kann ich nur sagen: „Gott sei Dank, die Reflexe funktionieren noch einwandfrei und kerngesund!“ Für mich ist die Kritik der „Bedenkenträger“ absolut nachvollziehbar: Baumfällungen stehen im Widerspruch zur jeder Nachhaltigkeitsstrategie oder jedem Klimaschutzkonzept, das ist doch wohl klar.
Ist es denn inzwischen nicht hinreichend bekannt, dass jeder Baum zählt? Dass wir mit jedem Baum, den wir pflanzen (und nicht abholzen), die Chance, erhöhen, die Kippunkte zeitlich zu verschieben? Und diese Zeit brauchen wir, um die 2 Grad-Grenze des Pariser Klimaabkommens noch erreichen zu können. Schon vergessen oder noch nicht wahrgenommen? Nur durch die Kombination Treibhausgasreduzierung plus Aufforstung von 1.000 Milliarden Bäumen (global) werden wir dieses Ziel erreichen!
Jede Baumfällung war genehmigt, sogar unter Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde. Mit dieser Rechtfertigung lassen wir Bürger uns eben immer weniger abspeisen. Wann immer ich dieses Argument lese, frage ich mich, ob es auch schon mal vorgekommen ist, dass eine Untere Naturschutzbehörde eine Baumfällung oder sonst irgendetwas verhindert hat. Ich wünschte, dieser Recherche würde sich mal jemand annehmen. Gerne würde ich einen Bericht lesen, der die Arbeit dieser Behörde mal transparent darstellt. Am besten für jede Stadt.
Mich interessiert auch sehr, wie die kommunalen Entscheidungsträger auf die Idee gekommen sind, aus Gründen des Hochwasserschutzes die Bäume entlang der Hörsel und der Nesse zu fällen. Haben sie noch nicht gehört, dass anderswo lokaler Hochwasserschutz darin besteht, Bäume zu pflanzen? Haben sie noch nie etwas vom Prinzip der Schwammgemeinde gehört?
Ja, und wenn als Ausgleich für „mehrere“ Eichen 5 neue Bäumchen gepflanzt werden, sollte die kommunale Herrschaft vielleicht mal ausrechen lassen (wenn sie selbst nicht dazu in der Lage ist), wie viele Neupflanzungen nötig sind, um eine alten Baum zu kompensieren. Es dauert Jahrzehnte, bis ein junger Baum die Wirkung des alten Vorgängers erreicht. Was sagt denn der Forstamtsleiter von Marksuhl dazu? Seine abfällige Bemerkung über die vielen vermeintlichen Baumexperten drückt pure Arroganz aus.
Herr Zlotowitz gewährt ihm den Raum dafür und versäumt dabei, auf die Legitimität der Kritik an den zahlreichen Baumfällungen einzugehen und schließt mit einem Zitat der Stadtverwaltung: „Pauschalurteile sind ebenso wenig nützlich wie Pauschalkritik“.
Dabei bemerkt er offensichtlich nicht, dass er die Kritik der Bürger mit seinem Etikett „reflexartig“ undifferenziert und pauschal abgetan hat.
Kommentar schreiben