· 

Blühende Inseln der Begegnung

vorherige Artikel zum Thema:

Naturheilverein Fulda und

Naturgarten Sommer 2023

Und länger zurückliegend, Das Grüne Band

Im August schrieb ich über Marienkräuter, meine Schwierigkeiten in diesem Jahr, sie in der freien Natur zu finden und meinen Plan, sie einfach dort anzupflanzen, wo sie gebraucht werden, nämlich in dem Seniorenheim, in dem ich arbeite.

Zunächst schien mein Vorhaben unter einem guten Stern zu stehen: Meine unmittelbare Vorgesetzte und meine Kolleginnen fanden die Idee gut, Saatgut für einen Blühstreifen würden wir von der Umweltbeauftragten des Bistums Fulda kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen und der Chef der Gartenfirma, die das Gelände rund um die Einrichtung pflegt, sicherte mir freundlicherweise seine Unterstützung zu. Nicht das erste Mal, ich hatte bereits im letzten Jahr kleine Blühstreifen für Insekten angelegt und ein Hochbeet auf der Terrasse eines Wohnbereiches angelegt. Dort, wo bisher Efeu wucherte, blühen jetzt Stauden, wachsen Walderdbeeren und Kräuter.

Meine Freude und die Aussicht, dass wir zukünftig mit den Bewohnern Blumen und Kräuter zu Maria Himmelfahrt einfach vor Ort abpflücken können, währte nicht lang, denn der Einrichtungsleiter hat andere Pläne, in denen weder geweihte Kräuter noch das von mir angelegte Beet eine Rolle spielen. Er hat, wir mir mitgeteilt wurde, bereits eine Gartenfirma beauftragt. Dieser Vorgang ist ein erschreckendes Beispiel zentralistischer Entscheidungskultur und veranschaulicht die inhaltliche Ausrichtung des Wirtschaftsunternehmens „Altenheim“: Der schöne Schein ist sehr wichtig, die äußere Fassade. In dieser Denkweise sind keine Walderdbeeren zum Naschen vorgesehen. Im durchgestylte Designergarten werden, so meine Befürchtungen, kaum Erinnerungen an eigene Gärten geweckt. Doch keine Marienkräuter vorm Fenster. Na gut. Ich soll mich nicht über Dinge aufregen, die ich nicht ändern kann, so wird mir gesagt-vielleicht stimmt mit mir etwas nicht-die Frage schwingt mit. Nein, denke ich, es ist auch möglich, dass meine Kritik an dieser Vorgehensweise berechtigt ist.

In den nächsten Wochen erzählte ich allen möglichen Menschen von dieser für mich sehr irritierenden Situation.

Das tat gut, denn nahezu alle zeigten Verständnis und mehr noch, von Gespräch zu Gespräch entwickelte sich ein Muster für einen Ausweg, oder besser gesagt, für viele kleine Auswege. So traf ich zufällig eine Bekannte, die mir nch meiner Geschichte von den heimatlosen Marienkräutern mitteilte, dass sie gerade gegenüber dem Altenheim wohnt und das Hochbeet kennt, welches ich angelegt habe und nun bald den Vorstellungen des Chefs gemäß umgewandelt werden soll.

Sie selbst kümmert sich um die Rabatten des Mehrfamilienhauses. Könnten die Nachtkerzen und die anderen Blumen nicht bei ihr Asyl finden, umziehen, ist doch nur übern Gartenzaun?

Etwa fünf Minuten zu Fuß weiter, wohnt ein Mann, mit dem ich auch zufällig ins Gespräch kam. Er meinte, es wäre doch schön, ein paar Stauden vor seinem Haus zu haben und versprach, mit seinen Mitbewohnern und mit der zuständigen Gartenfirma zu reden. Seitdem grüßt er mich immer sehr freundlich, eben wie sich Verbündete grüßen. Diese Schnur der Begegnungen reichte schließlich bis nach Bronzell. Vielleicht ist es dort möglich, auf dem Schulgelände der Grundschule einen Blühstreifen anzulegen. Einige Samen von Wermut, Beifuß und Schafgarbe sind bereits von der Schulgarten-AG entlang dem Gartenzaun ausgebracht worden.

In meinem Garten in Gläserzell versuche ich nun, Johanniskraut, Königskerze und Dost zu vermehren. Kamille und Rainfarn habe ich bereits ausgesät. Außerdem verschenke ich das überschüssige Saatgut und erzähle möglichst vielen Freunden und Bekannten von der Idee der dezentralen Vernetzung blühender Inseln kreuz und quer durch Fulda. Die Stauden auf diesen Inseln sollten, wie gute Nachbarn für uns sein. Wir teilen uns den Lebensraum und einer sorgt für den anderen. Ich finde, dass sind wir den Pflanzen, die wir für unsere Kräuterbuschen brauchen, schuldig.

Lesen Sie hier weiter: STraßenbegleitgrün

Kommentar schreiben

Kommentare: 0